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Bis ans Ende der Zeit und wieder zurück

Zusammen mit der Pianistin Tra Nguyen legt die Klarinettistin Sabine Grofmeier bei ClassicClips ein überzeugendes Debüt, auch dank eines bunten Programms vor.

Auch wenn die Klarinette im Vergleich zu ihren Geschwistern aus der Holzbläserfamilie, Oboe und Fagott –die Flöte sei hier ausgenommen– ein verhältnismäßig umfangreiches konzertantes sowie kammermusikalisches Oeuvre aufweist, so beschränkt sich die Zahl namhafter SolistInnen für dieses Instrument auf einen einigermaßen überschaubaren Bereich. Insofern darf die neuerdings bei dem auf junge MusikerInnen spezialisierten Label ClassicClips erschienene Aufnahme der Klarinettistin Sabine Grofmeier vielleicht etwas mehr Aufmerksamkeit beanspruchen, als im Falle einer weiteren Tasten- oder Bogenvirtuosin. Gemeinsam mit der gebürtigen Vietnamesin Tra Nguyen am Klavier widmet sich die ehemalige Soloklarinettistin der Klassischen Philharmonie Bonn und des Kölner Kammerorchesters auf dieser siebenundfünfzig Minuten langen CD einer bunten Werkauslese.

Ilse Fromm-Michaels und Olivier Messiaen

Dass dieses CD-Programm so vielseitig ausgefallen ist, verdankt sich auch dem simplen musikgeschichtlichen Faktum, dass es Stücke für Klarinette solo überhaupt erst seit dem 20. Jahrhundert gibt, solche für Klarinette und Klavier dagegen überwiegend im 19. Jahrhundert zu finden sind. Lauscht man allerdings den drei Stimmungen eines Fauns für Klarinette solo op. 11der Hamburger Komponistin Ilse Fromm-Michaels (1888-1986), fragt man sich zwangsweise, warum das so sein musste. Zwar liefert die lange Jahre als Kompositionsprofessorin und Musikpädagogin tätige Fromm-Michaels mit den drei 1921 entstandenen Miniaturen namens Klage, Schalklaune und Schwermut keine Wunderwerke ab, doch über atmosphärische Dichte verfügen sie, teils an Ravel gemahnend, allemal. Zumal Grofmeiers flexibles wie nuancenreiches Spiel in der Gestik tatsächlich mit etwas Phantasie einen recht lebendigen, auf impressionistische Weise daherkommenden Faun zu formen weiß.

Weniger gestisch denn mehr konkret schwankt die Klarinette dann in Olivier Messiaens (1908-1992) Abime des oiseaux aus dem Quatuor pour la fin du temps (Quartett für das Ende der Zeit) zwischen Messiaentypischen Vogelrufimitationen und von Grofmeier ungemein spannungsvoll ausgespielten, crescendierenden Haltetönen. Ihren Entstehungs- und Uraufführungsort –das deutsche Kriegsgefangenenlager im Winter 1941/42 in Görlitz– verrät diese klangfarbenreiche Komposition zu keinem Zeitpunkt.

Alban Berg, Robert Schumann und Carl Maria von Weber

Diesen beiden Werken für Klarinette solo stehen drei weitere mit Klavierbegleitung gegenüber. Alban Bergs (1885-1935) Vier Stücke für Klarinette und Klavier op. 5 stellen nicht nur einen Klassiker der sogenannten freien atonalen Phase dar, sondern bieten auch der unaufdringlichen, jedoch ebenfalls mit klarem, präsenten Anschlag überzeugenden Tra Nguyen bisweilen genügend Platz zu solistischer Entfaltung. Als gelungenstes Beispiel für ein gutes Zusammenspiel steht auf dieser Aufnahme jedoch Carl Maria von Webers (1786-1826) Grand Duo Concertant Es-Dur op. 48.

Dank eines guten Klangbildes verschmelzen Klarinette und Klavier immer dann wenn es nötig wird zu einer Stimme und sondern sich beizeiten auch wieder voneinander ab. Das Andante con moto trägt die Züge einer ausgedehnten Lamento-Arie ohne Worte, in der Grofmeiers satter Ton ein hohes Maß an Intensität garantiert. Ähnlich gekonnt interpretiert geraten auch die melancholischer gefärbten, abschließenden Drei Fantasiestückeop. 73 von Robert Schumann (1810-1856), die man auf Tonträger recht häufig eingespielt findet.

Insgesamt liegt hier also ein sehr angenehm zu hörendes CD-Debüt einer vielseitig auftrumpfenden Klarinettistin vor. Nur etwas mehr Musik hätte man bei nur knapp einer Stunde Dauer noch mit draufpacken können. Das ist dann im Grunde aber auch schon alles, was es zu beanstanden gibt.

– Aaron Sayed –

(Klassik.com)


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